Ein Zahnarzt filmte mehrere Jahre lang heimlich seine Mitarbeiterinnen beim Umziehen. Ihm wurde die Zulassung zur vertragszahnärztlichen Versorgung entzogen. Der Betroffene wehrte sich dagegen vor Gericht. Das Bundessozialgericht bestätigte aber den Entzug der Zulassung.
Wie das Bundessozialgericht (BSG) am Donnerstag mitteilte, ist es rechtens, einem Zahnarzt die vertragsärtzliche* Zulassung zu entziehen, der seine Mitarbeiterinnen über mehr als fünf Jahre heimlich in den Umkleideräumen filmte (Urt. v. 03.04.2019, Az. B 6 KA 4/18 R).
Der Zahnarzt war zunächst wegen der Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereiches durch Bildaufnahmen gemäß § 201a des Strafgesetzbuches (StGB) vom Amtsgericht zu einer Freiheitsstrafe verurteilt worden. Das Landgericht stellte das strafrechtliche Verfahren dann aber ein. Aufgrund arbeitsgerichtlicher Vergleiche hatten die Geschädigten ihre Strafanträge zurückgenommen, so dass ein strafrechtliches Verfahrenshindernis eingetreten war.
Im Verfahren um die vertragsärztliche Zulassung nahmen die Sozialgerichte trotzdem auf die Ergebnisse der strafrechtlichen Ermittlungen Bezug und entzogen dem Zahnarzt daraufhin seine Zulassung. Dagegen wehrte sich der Mann nun vor dem Bundessozialgericht. Zuvor hatte auf Antrag der Kassenzahnärztlichen Vereinigung (KZÄV) der Zulassungausschuss (ZA) dem späteren Kläger die Zulassung entzogen.
Der Zahnarzt war der Ansicht, dass das strafrechtliche Verfahren nachdem es durch das Landgericht eingestellt wurde im Streit um die vertragszahnärztliche Zulassung nicht mehr Bezug beachtet werden dürfe. Das Bundessozialgericht erachtete die Entscheidung der Vorinstanz nun aber als rechtsfehlerfrei und hatten keine Zweifel daran, dass der Mann seine zahnärztlichen Pflichten durch das heimliche Filmen „gröblich verletzte“. Mit jemandem, der sich über Jahre so verhalten hat, müssten die Träger der vertragszahnärztlichen Versorgung nicht länger zusammenarbeiten, so das BSG in seiner Entscheidung. Es handele sich dabei um eine gröbliche Pflichtverletzung im Sinne des § 95 Abs.6 S.1 SGB V.
Leitsätze:
- Für den Tatbestand einer gröblichen Pflichtverletzung i.S.d. § 95 Abs.6 SGB V ist nicht erforderlich, dass den Vertragsarzt ein Verschulden trifft; auch unverschuldete Pflichtverletzungen können zur Zulassungsentziehung führen.
- Auch Verfehlungen außerhalb des Kernbereichs der vertragszahnärztlichen Tätigkeit (Behandlung von Patienten, Abrechnung) können eine Zulassungsentziehung rechtfertigen, wenn das beanstandete Verhalten bei Gelegenheit des Praxisbetriebs erfolgt.
Mitgeteilt von: Rechtsanwalt und Fachanwalt für Medizinrecht Björn Weil in Gießen