Als Dozent für das Recht der Altenpflege will ich mich an dieser Stelle mal mit den Leistungen der Sozialversicherungen am Ende des Lebens, namentlich der palliativen Versorgung durch die Sozialversicherung widmen. Der erste Beitrag widmet sich den Voraussetzungen und dem Umfang der stationären Hospizversorgung und insoweit nur einen kurzen Überblick verschaffen.
Grundsätzliches:
Jeder Mensch möchte ohne Schmerzen und Leiden möglichst im Kreise seiner nächsten Angehörigen in Würde Abschied vom Leben nehmen. Schwerstkranke und sterbende Menschen erhalten qualifizierte medizinische und pflegerische Hilfe, die es auch in der letzten Lebensphase möglich macht, zu Hause, in einer Pflegeeinrichtung oder in dem speziell darauf eingerichteten stationären Hospiz umfassend versorgt zu werden. Die 2007 eingeführte spezialisierte ambulante Palliativversorgung (SAPV) dient dem Ziel, Lebensqualität und Selbstbestimmung schwerstkranker Menschen zu erhalten, zu fördern und zu verbessern. Sie soll ein menschenwürdiges Leben bis zum Tod in vertrauter häuslicher Umgebung oder in stationären Pflegeeinrichtungen ermöglichen. Im Vordergrund steht das medizinisch-pflegerische Ziel, Symptome und Leiden zu lindern. Die stationäre Hospizversorgung will mit palliativ-medizinischer Behandlung, Pflege und Begleitung die Lebensqualität des sterbenden Menschen verbessern, damit er in Würde sterben kann. Dabei sind auch die Angehörigen bei der psychosozialen Betreuung zu integrieren.
Mit dem im Dezember 2015 in Kraft getretenen Hospiz- und Palliativgesetz (HPG) wurden die Leistungsansprüche im Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung deutlich verbessert. Auf dieser Grundlage wurden insbesondere die Richtlinie zur Verordnung von häuslicher Krankenpflege und die Rahmenvereinbarung zur stationären Hospizversorgung überarbeitet und um eine Rahmenvereinbarung zur stationären Kinderhospizversorgung ergänzt. Für den Bereich der palliativ-medizinischen Versorgung wurden die Voraussetzungen für erweiterte Leistungsansprüche geschaffen.
In den SAPV Richtlinien heißt es zu den Zielen der palliativen Versorgung:
§ 1 Grundlagen und Ziele
(1) Die spezialisierte ambulante Palliativversorgung gemäß § 37b SGB V (SAPV) dient dem
Ziel, die Lebensqualität und die Selbstbestimmung schwerstkranker Menschen zu erhalten,
zu fördern und zu verbessern und ihnen ein menschenwürdiges Leben bis zum Tod in ihrer
vertrauten häuslichen oder familiären Umgebung zu ermöglichen. Im Vordergrund steht
anstelle eines kurativen Ansatzes die medizinisch-pflegerische Zielsetzung, Symptome und
Leiden einzelfallgerecht zu lindern.
Natürlich hat nur der Personenkreis Anspruch auf palliative Versorgung der ihrer bedarf. Inswoeit hat der Gesetzgeber in § 37c SGB V die Anspruchsvoraussetzungen normiert. Diese werden durch verschiedene Richtlinien weiter konkretisiert. Hier soll nur ein erster Überblick gegeben werden.
Anspruchsvoraussetzungen
- der Patient hat von eine Lebenserwartung von Tagen, Wochen oder wenigen Monaten auszugehen ist und
- es einer Krankenhausbehandlung (§ 39 SGB V) nicht bedarf (da eine gesundheitliche Besserung nicht mehr zu erreichen ist)
- eine bedarfsgerechte ambulante Palliativversorgung im Haushalt oder der Familie des Versicherten nicht erbracht werden kann (Vorrang der ambulanten Versorgung)
- und der Patient die Aufnahme in ein Hospiz wünscht.
Begutachtung durch den MDK
Zur Prüfung der Voraussetzungen eines Anspruchs auf palliative Versorgung bedient sich die Krankenversicherung des MDK. Damit ein bundesweit einheitliches sozialmedizinisches Begutachtungsverfahren von Anträgen auf Zuschuss eines stationären Hospizaufenthalts durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung gewährleistet ist, hat der GKV-Spitzenverband die Begutachtungsanleitung „Spezialisierte ambulante Palliativversorgung (SAPV) und stationäre Hospizversorgung als Richtlinie nach § 282 Abs. 2 Satz 3 SGB V erlassen. Sie beinhaltet insbesondere folgende Aspekte:
- Erläuterung und Beschreibung der medizinischen Anspruchskriterien im Bereich der SAPV und der stationären Hospizversorgung auf der Grundlage der rechtlichen Anspruchskriterien,
- Darstellung der besonderen Belange von Kindern und Jugendlichen,
- Beschreibung der Zusammenarbeit zwischen Krankenkassen und den Medizinischen Diensten.
Zu den Kosten
Versicherte, die an einer fortschreitend verlaufenden Erkrankung leiden, bei der eine Heilung ausgeschlossen und eine palliativ-medizinische und eine palliativ-pflegerische Versorgung notwendig ist, haben Anspruch auf einen Zuschuss zu stationärer oder teilstationärer Versorgung in Hospizen gemäß § 39a Abs. 1 SGB V. Die Krankenkassen leisten einen Zuschuss zum stationären Hospizaufenthalt in Höhe von 95 Prozent des mit dem jeweiligen Hospiz vereinbarten tagesbezogenen Bedarfssatzes. Der Zuschuss wird Versicherten auf Antrag gewährt. Leistungen der Pflegeversicherung auf werden angerechnet. Die Versicherten müssen keine Eigenanteile zahlen. Vielmehr werden die fehlenden fünf Prozent durch Spenden an die Hospize eingenommen.
Zur Qualitätssicherung
Der GKV-Spitzenverband vereinbart mit den für die Wahrnehmung der Interessen der stationären Hospize maßgeblichen Spitzenorganisationen das Nähere über Art und Umfang der Hospizversorgung. Als Spitzenorganisationen der stationären palliativen Versorgung sind u.a. das Deutsche Rote Kreuz, die Arbeiterwohlfahrt, der Caritas Verband zu nennen. Die diesbezügliche Rahmenvereinbarung nach § 39a Abs. 1 Satz 4 SGB V über Art und Umfang sowie Sicherung der Qualität der stationären Hospizversorgung vom 13.03.1998 wurde zum 31.03.2017 überarbeitet und ist am 01.05.2017 in Kraft getreten.
In der entsprechenden Rahmenvereinbarung sind etwa die Anforderungen an das betreuende Personal geregelt. Die dort tätigen Pflegekräfte müssen entweder zugelassene Altenpfleger(in) oder zugelassene Kranken-/Gesundheitspfleger sein und über eine mindestens dreijährige praktische Tätigkeit nach Zulassung vorweisen. Ergänzend müssen sie hauptberuflich in dem Hospiz tätig sein und eine gesonderte, mindestens 160 Stunden umfassende Sonderausbildung im Bereich der Palliativmedizin haben. Ferner enthält die Vereinbarung Vorgaben an die Hospize im Hinblick auf die vorrätig zu haltenden Sachmitteln und ähnliches. Ebenso ist dort geregelt, dass Hospize bei Krisen intervenieren und auch mit Angehörigen zusammen arbeiten.
MItgeteilt von: Rechtsanwalt und Fachanwalt für Medizinrecht Björn Weil in Gießen